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aus "Glückskatz" - Band 3 (2018)

Als Steinböck die Rechtsmedizin erreichte, fand er seinen Freund Thomas Klessel am Seziertisch. Frau Merkel sprang auf einen nahe stehenden Besteckwagen und betrachtete interessiert Käskopfs toten Körper.

»Da schau, der Dr. Frankenstein im grünen Kittel. Du wirst doch nicht selber schnipseln«, feixte der Kommissar.

»So ein Kunstwerk der plastischen Chirurgie ist mir noch nie untergekommen«, sagte Klessel, ohne sich umzudrehen. 

Haarimplantat, geliftet, das Kinn mit Botox aufgespritzt. Am Bauch deutliche Zeichen für

eine Fettabsaugung, und die Arschbacken hat er sich mit Silikon unterfüttern lassen.«

»Jetzt fehlt nur noch a Penisverlängerung«, warf Steinböck ein.

»So weit bin ich noch nicht, aber wundern tät mich des nicht.«

»Also, du Genie, woran ist der Käskopf gestorben?«

Thomas Klessel drehte sich um, zog sich betont langsam

die Handschuhe aus und schob sich den Mundschutz über die Stirn. Steinböck wusste, was jetzt

kommen würde. Er musterte die Katze und zog die Augenbrauen nach oben. Klessel warf die Handschuhe in einen Eimer, öffnete die oberen Knöpfe des grünen Kittels und brachte seinen kleinen silbernen Flachmann zum Vorschein.

»Mein Gott, jetzt geht das wieder los. Thomas Klessel, der genialste Rechtsmediziner seit Karl Friedrich Boerne«, spottete die Katze, sprang vom Tisch und verließ den Raum.

»Was hat sie denn? Sie ist doch sonst immer so neugierig.«

»Ich glaub, die muss mal.«

Bedächtig schraubte Klessel den Deckel des Flachmanns herunter, füllte ihn vorsichtig und kippte dann den Inhalt hinunter.

»Aaaaah«, stieß er genüsslich aus und verdrehte dabei die Augen. »Magst auch einen?«

»Was hast denn diesmal drin?«, fragte Steinböck skeptisch.

»Linie Aquavit, garantiert in eichenen Sherryfässern zweimal den Äquator gekreuzt.«

»Und was soll des bringen?«

»Das macht ihn besonders mild.«

»Mei, Thomas, du glaubst auch jeden Schmarren.«

»Und, was ist jetzt, magst einen?«, bohrte Klessel nach.

»Weißt was, frag mich wieder, wenn du einen Whiskey drin hast, mit dem du zweimal die schottische Grenze überquert hast. Also jetzt zum Käskopf. Was ist die Todesursache?«

»Er ist erstickt und zwar gestern gegen 20 Uhr, plus/ minus 30 Minuten.«

»Und dafür hast du jetzt so lange gebraucht?«, fragte Steinböck mitleidig.

»Aber der Mörder war schon besonders perfide«, sagte Klessel und schraubte seinen Flachmann wieder zu. »Da, schau her, hier an der Nase, siehst du die Abdrücke?«

Steinböck beugte sich vor. »Sieht aus wie die Druckstellen von einer Brille. Nur ein bisschen weiter unten.«

»Genau, der Mörder hat unserem Käskopf eine sogenannte Nasenklammer verpasst und ihm anschließend das Geld in den Rachen gestopft. Dann hat er sich vermutlich vor sein Opfer gesetzt und gewartet. Irgendwann hat sich der Käskopf erbrochen und ist daran schließlich erstickt.«

»Woraus schließt du diesen Hergang?«, fragte der Kommissar verdutzt.

»Ganz einfach, die Abdrücke auf der Nase. Wenn der Käskopf kein Profischwimmer ist, der so ein Ding regelmäßig benutzt, was ich in Anbetracht seiner körperlichen Verfassung bezweifle, dann muss er das Teil mindestens eine halbe Stunde auf der Nase gehabt haben. Und weil die Klammer nicht mehr am Tatort war, hat sie der Täter vermutlich wieder mitgenommen – nach

getaner Arbeit. Es ist also anzunehmen, dass er unserem aufgepimpten Adonis beim Sterben zugesehen hat.«

»Du magst den Käskopf nicht?«

»Wer mochte den schon? Übrigens, 2.360 Euro hatte er im Rachen und diesen Zettel.« Thomas Klessel reichte Steinböck eine Plastiktüte. Der Kommissar musterte ihn, dann las er laut vor:

»›Vollzug‹«. Er drehte die Tüte. »›Vollzug‹, sonst nichts.«

»Du kannst mir erzählen, was du willst«, brummte

der Rechtsmediziner. »Das war eine astreine Hinrichtung. «

»2.360 Euro, warum gerade 2.360 Euro? Das muss einen besonderen Grund haben«, rätselte Steinböck.

»Das ist jetzt dein Problem. Das Genie hat seine Arbeit getan«, sagte Klessel grinsend und fischte wieder nach seinem Flachmann. Bevor die Prahlerei zu dicke wurde, entschloss sich Steinböck, das Weite zu suchen.

»Übrigens, ich vermute, bei den 2.360 Euro handelt es sich um Falschgeld. Die KTU überprüft das Ganze bereits«, rief Klessel dem Kommissar nach, bevor dieser durch die Tür verschwand.*

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